Warum mache ich diese Seite?

Der Beginn der russischen Vollinvasion im Februar 2022 traf mich wie ein Schock. 

Als Kind von Vertriebenen aus Pommern, die im 2. Weltkrieg alles verloren hatten, kenne ich das Trauma von Krieg, Flucht und Vertreibung. Dieses Trauma wird an die nächste Generation weitergegeben, es lebt noch in mir. Wenn meine Eltern von "zu Hause" sprachen, meinten sie nicht den Ort, wo ich lebte. Dieses Gefühl, nicht zu wissen, wo eigentlich mein zu Hause ist, lebt bis heute in mir. Mein Vater hat im Krieg ein Bein verloren, wenn ich heute Kriegsversehrte mit Amputationen sehe, berührt es mein Innerstes. Meinen Vater habe ich nie lachen gesehen. Über den Krieg hat er nie gesprochen. Ich glaube, er ist auch auf Hitler hereingefallen und hat durch den Krieg nicht nur sein Bein und sein zu Hause verloren, sondern sein Weltbild ist zusammengebrochen. Er war sehr einsam.

Meine Mutter war eine starke, kluge Frau. Sie hat alles getan, um eine neue Existenz aufzubauen. Sie war eine Kämpferin. Sie hatte keine Berufsausbildung. Sie hat dafür gesorgt, dass ich eine gute Schul- und Berufsausbildung bekommen habe. Sie wäre gerne Apothekerin geworden, aber weil sie aus einem gut situierten Elternhaus kam, also sie war eine richtige Dame, hielt mein Großvater das für unnötig. Niemals dürfen wir uns als Frauen unsere Emanzipation streitig machen lassen. 

Meine Mutter konnte keinen Bahnhof betreten ohne zu weinen. Im Alter hat sie nachts geschrien. Erst da habe ich erfahren, dass sie auf der gescheiterten Flucht, auf der auch mein Großvater verschleppt wurde, von Russen vergewaltigt wurde. Sie hat die Russen gehasst, jetzt verstehe ich es, aber früher habe ich gesagt, ihr habt doch angefangen. Was ja gar nicht stimmte, denn den 2. Weltkrieg haben Hitler UND Stalin begonnen. Auch ich war dem Trugschluss aufgesessen, Ukraine = Russland. Mit der eigenen Geschichte der Ukraine beschäftige ich mich erst intensiv seit der Vollinvasion. Meiner Generation wurde ein völlig falsches Russlandbild vermittelt, Russland als Opfer, nicht als Täter.

Im Februar 2022 wurden diese ganzen Gefühle in mir wach und mir war sofort klar, dass ich helfen musste. Meine Mutter hatte übrigens immer ein offenes Herz und Tür für Flüchtlinge und Arme. Wir hatten später eine kleine Pension und sie hat auch arme Menschen aufgenommen, z. B. Tante Anna, die mit uns in der Küche bewirtet wurde. Mein Bruder musste Tante Anna vom Bahnhof abholen und sie hatte einen furchtbar schweren Koffer. "Tante Anna, was hast du in dem Koffer?" In dem Koffer waren nur Gebetsbücher. Man lernt übrigens viel über Reiche und Arme in einer Pension. 

Im Frühjahr 2022 haben wir uns gleich bereit erklärt, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Obwohl wir uns nicht kannten, hat alles gut geklappt, wir haben uns verstanden, konnten Englisch sprechen. Unsere ukrainische Familie war ganz europäisch geprägt. Auch deswegen gehört die Ukraine zu Europa, weil sie europäisch denken. 

Ich schäme mich ein bisschen, dass ich als studierte Historikerin kein wahres Bild von Russland hatte. Kein wahres Bild von dem aggressiven Imperialismus, der fast durchgehend zur russischen Geschichte gehört. Kein wahres Bild vom Massenmörder Putin. Putin und sein ganzes Umfeld spucken auf Menschenleben. Und die meisten Russen folgen seinem sadistischen Menschenbild, verherrlichen Gewalt, sind Gehirn gewaschen durch russische gewaltverherrlichende Propaganda. Man muss sich nur einmal den Kanal von Julia Davies ansehen. Ich spreche darüber in meinem Video über Russlands Völkermord in der Ukraine.

2022 schloss ich meine Bildungslücken und las alles, was ich zur Ukraine und Russlands Imperialismus finden konnte. Mir wurde klar, dass ich nicht schweigen darf, dass ich sprechen muss, denn Ge-wissen hat etwas mit Wissen zu tun. Deshalb meldete ich mich bei Twitter an. Ich fand dort Gleichgesinnte und auch viele Informationen, die ich sonst nicht bekommen hätte. Aber Twitter ist eine Bubble und immer mehr durchseucht von AfDlern, Russentrolls und Sexbots. Da ich schon älter bin, gefällt mir auch das Unpersönliche nicht, das Verstecken der Gesichter, komische Namen und inzwischen blockieren einen schon Ukraineunterstützer, weil man vielleicht etwas Kritisches gesagt hat zur Partei, der sie angehören. Das empfinde ich als undemokratisch, wenn sich Demokraten anfangen zu blockieren. Es spiegelt aber auch die politische Kultur wider, die uns die Parteien vorleben. Das beste Beispiel dafür, wie es nicht sein sollte, ist die Hetze von Markus Söder gegen die Grünen. 

Einmal schrieb jemand bei Twitter, "Was würdet ihr machen, wenn Scholz plötzlich vor eurer Tür stünde?" Ich dachte spontan "Dem würde ich aber eine Standpauke halten!" und habe zu Hause laut losgelegt. So kam es zu den Standpauken und ich wollte auch bewusst etwas der Anonymität entgegensetzen und mich zeigen. Das heißt nicht, dass ich es nicht verstehen kann, wenn Menschen in den sozialen Medien anonym bleiben wollen, um sich und ihre Familie zu schützen. Aber ich bin nicht mehr berufstätig, meine 3 Kinder erwachsen, meine Generation trägt besondere Verantwortung. Wir müssen Mut und Profil zeigen. 

Leider erlebe ich in meiner Umgebung, und das scheint mir verbreitet zu sein, Verdrängung der Bedrohung durch Russland. Man will nicht darüber reden, will sein gewohntes Leben einfach weiterführen, ja, der Krieg ist schlimm, aber was kann ich tun, man redet über Urlaub, Nachbarn, aber nicht über die schlimmsten Gefahren: Russland und Klimawandel. Mich erschreckt auch die Empathielosigkeit gegenüber den täglichen Morden, dem Völkermord, der Zerstörung von Dörfern, Städten, Landschaften. Was ist nur mit den Menschen los? Verschließen die alle ihr Herz? Sind das alles Egozentriker? Wirkt hier auch subtil russische Desinformation?

Ich möchte aus der Twitter-Blase raus. Durch Musk wird es auch immer schlimmer. Vielleicht kann ich durch meine Seite ein bisschen zur Aufklärung beitragen. 

In den Medien hören und lesen wir meist nur die Zahlen: Russland hat die Ukraine angegriffen, mit Drohnen und Raketen, es gibt Opfer. Aber hinter jedem Opfer steckt ein persönliches Schicksal. Zahlen rufen kein Mitgefühl hervor. Um Empathie zu empfinden, müssen wir berührt werden, berührt werden vom Leid.

Die politische Prominenz und die Expertinnen und Experten haben offenbar bis auf wenige Ausnahmen auch noch nicht verstanden, dass sie sich überparteilich zusammentun müssen gegenüber dem äußeren Feind, dass sie sich mit der Zivilgesellschaft verbinden müssen. Muss es erst noch viel schlimmer werden, bis eine organisierte Bewegung entsteht, die Mehrheit aufwacht und aktiv wird? 

Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich für die Ukraine. Das wird viel zu wenig gewürdigt. Diesen Menschen möchte ich in meinem Podcast eine Stimme geben. Sie sind Vorbild und Inspiration. 

Aus Verzweiflung über die halbherzherzige Unterstützung unserer Regierung habe ich mit anderen zusammen einen Brandbrief geschrieben. Solange Russland die Ukraine angreifen, zerstören und schwerste Verbrechen begehen kann, ist die Unterstützung zu gering. Deutschland ist die größte Wirtschaftsmacht in Europa. Es reicht nicht zu sagen: Wir tun viel, so lange wie nötig. Es muss heißen: Wir geben so viel wie nötig, so lange, bis Russland besiegt ist und die Ukraine in ihren rechtmäßigen Grenzen wieder hergestellt ist. Die Ukraine muss gewinnen - Russland muss verlieren. 

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